Herr Reichel, seit November letzten Jahres sind Sie Leiter der JVA Fuhlsbüttel. Was hat Sie zu Ihrer Bewerbung bewogen?

Ich mag Menschen und Herausforderungen. reichelNach meiner Tätigkeit als Zeitsoldat habe ich später einige für einen Richter eher ungewöhnliche Aufgaben gemacht: in Sachsen-Anhalt in der Gerichtsverwaltung und dem Justizministerium, in Hamburg als Leiter der Personalstelle für Referendare am Hanseatischen Oberlandesgericht (HOLG) und als Leiter des Arbeitsstabes des Untersuchungsausschusses „HSH-Nordbank“ der Hamburgischen Bürgerschaft. In meiner Zeit in der Justizbehörde gab es viele Berührungspunkte zum Vollzug. Unter anderem hat mich die sehr intensive Arbeit in einer Kommission zur Sicherheit im Vollzug fasziniert. Als ich die Ausschreibung las, habe ich mir die Frage gestellt „Bist Du das und willst Du das?“. Die Antwort war ein klares „Ja!“. Und das habe ich bisher keinen Tag bereut.

Welche Erwartungen hatten Sie? Deckten sich diese mit dem, was Sie dann vorgefunden den haben?

Ich hatte erwartet, eine durch den manchmal ja recht dynamischen Verlauf des Jahres 2016 fest zusammengeschweißte Anstalt vorzufinden. Und ich hatte die Hoffnung, dass die Kolleginnen und Kollegen mir mit Offenheit gegenübertreten. Beides hat sich glücklicherweise mehr als erfüllt – und zwar auf allen Ebenen. Positiv beeindruckt mich der respektvolle Umgang aller Beteiligten miteinander – auch im Verhältnis zu den Gefangenen. Und auch etwas anderes möchte ich nicht missen: das konstruktive Miteinander mit den anderen Anstalten in Hamburg.

In welcher Verfassung ist die Mannschaft? Wie ist die Motivationslage der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Die Mannschaft ist in allen Bereichen mit Mann und Maus hervorragend ausgebildet und hoch motiviert. Sie hat Herz, ist sturmerprobt und dazu in der Lage, dem Teufel ein Ohr abzusegeln. Sie ist humorvoll, hilfsbereit, zugleich wachsam und weiß, dass das schönste Vollzugswetter in kürzester Zeit in einen Orkan umschlagen kann. Sie ist der wirkliche Motor der JVA Fuhlsbüttel und trägt ganz wesentlich dazu bei, dass ich seit Dienstantritt hier jeden Tag ausnahmslos gern zum Dienst gekommen bin.

Ein Wort zum Krankenstand: Wie hoch ist dieser zur Zeit? Wie ist Ihre Meinung und Haltung zu diesem Thema?

Der Krankenstand kann Ausdruck vieler Faktoren sein. Er liegt bei uns in Fuhlsbüttel derzeit bei über 10 % und erklärt sich mit Sicherheit auch aus den vielfältigen Herausforderungen unseres Berufs. Weniger wäre in Zeiten nicht gerade überbordender personeller Ressourcen natürlich wünschenswert. Besonders wichtig ist für mich dabei, die in unserer Hand liegenden Möglichkeiten der Motivation auszuschöpfen. Es geht nicht nur darum, Anforderungen zu definieren – auch wenn das natürlich sein muss. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen spüren, dass sie auch als Mensch wahrgenommen, geachtet und geschätzt werden. Sie müssen wissen, dass sich alle aufeinander verlassen können und dass ihre Führung nicht hinter sondern vor ihnen steht, wenn es hart auf hart kommt.

Eine Ihrer Aufgaben wird sein, die Sicherungsverwahrung weiterzuentwickeln. Wie ist da der Stand der Dinge? In welche Richtung wird sich diese entwickeln?

Die Sicherungsverwahrung ist ein hochsensibles Feld mit herausragender Bedeutung für den Vollzug. Nach Recht und Gesetz kommt der Behandlung der Untergebrachten ganz besondere Bedeutung zu. Es gibt in allen Themenfeldern große Herausforderungen für alle. Mittlerweile gibt es zum Beispiel einen intensiven strukturierten Austausch mit den Beteiligten und eine eigenständige Vollzugsleitung für die Sicherungsverwahrung. Zudem haben wir den fachlichen Dialog mit der Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll vertieft.

Bei allem darf man aber auch nicht vergessen, dass immerhin der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit seiner Entscheidung vom 6. Oktober 2016 (Az. 5594/13) festgestellt hat, dass der Vollzug der Sicherungsverwahrung in Hamburg schon im Jahre 2013 unter den gegebenen tatsächlichen Umständen nicht gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte verstoßen hat.

Welche anderen Schwerpunkte werden Sie setzen?

Motivation und Menschenführung sind für mich große Themen. Das eine geht nicht ohne das andere, das andere nicht ohne das eine. Und natürlich geht es auch um Entwicklung. Schließlich ist die Frage unendlich interessant, wo unsere JVA Fuhlsbüttel in 10 Jahren stehen wird.

Was macht für Sie eine gute Arbeit mit der Personalvertretung aus?

Das Zusammenwirken zwischen Personalvertretung und Dienststelle habe ich in meinem bisherigen Werdegang aus beiden Perspektiven erlebt: Einerseits als Leiter der Referendarabteilung am Oberlandesgericht in Hamburg gegenüber dem Personalrat der Referendare, andererseits als Mitglied im Richterrat am HOLG – das ist die Personalvertretung der Richter. Zu dem Geschäft gehören natürlich Meinungsverschiedenheiten und das Ringen um Kompromisse. Aber ich habe die feste Überzeugung gewonnen, dass es mit wechselseitiger Fairness, der Begegnung auf Augenhöhe und der Fähigkeit, dem anderen auch mal einen Vertrauensvorschuss zu geben, wesentlich effektiver und angenehmer zugeht als ohne das. Und um den nicht gestellten Teil der Frage zu beantworten: Ja, das leben wir hier in Fuhlsbüttel nach meiner Wahrnehmung tatsächlich so.

Wie ist der private Mensch Reichel?

Herzlich - aber privat.

Herr Reichel, der Vollzugsdienst bedankt sich für das Interview.

 


 

Kommentar zum Interview zwischen Herrn Reichel, dem Anstaltsleiter der JVA Fuhlsbüttel und dem LVHS

Vertrauen und Selbstbewusstsein sehen für mich anders aus als es unser Senator in Bezug auf das o.g. Interview vorlebt.

Alle Fragen des LVHS müssen zunächst einmal der Pressesprecherin des Senators vorgelegt werden, der Anstaltsleiter beantwortet die Fragen und die Freigabe der Antworten erfolgt wiederum durch die Pressesprecherin. Wohlgemerkt, alles in Schriftform. Mit anderen Worten, traut der Senator seinen eigenen Spitzenbeamten nicht zu, die Fragen der Fachgewerkschaft eigenständig und politisch korrekt zu beantworten! Angst ist aus meiner Sicht immer ein schlechter Ratgeber!

Wir freuen uns auf das nächste Interview.

Mit kollegialen Grüßen

Thomas Wittenburg


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